Untersuchungshaft in Österreich – Rechte und Ablauf – Ihr Strafverteidiger Mag. Zaid Rauf

Sie finden hier einige Informationen zum Thema “Untersuchungshaft” im österreichischen Rechtssystem, damit Sie sich einen ersten Überblick verschaffen können.

Wenn Sie eine eingehende Rechtsberatung wünschen oder aber bereits in Untersuchungshaft sind, dann können Sie mich gerne anrufen.

Erfahrungsgemäß ist es Personen, die sich in Untersuchungshaft befinden nicht ohne weiteres möglich mich telefonisch zu kontaktieren. Sehr gerne können Bekannte und Verwandte mit mir einen Termin vereinbaren, damit ich die betroffene Person in der Untersuchungshaft besuchen kann. 

Was bedeutet Untersuchungshaft in Österreich?

 Untersuchungshaft bedeutet, dass eine Person aus bestimmten Gründen bereits vor einer Hauptverhandlung aufgrund eines (erheblichen) strafrechtlichen Vorwurfs in Haft genommen wird. Während man sich in Untersuchungshaft befindet, ist der Kontakt zur Außenwelt stark eingeschränkt und bedarf es einer Bewilligung durch die Staatsanwaltschaft, um mit bestimmten Personen in Kontakt zu treten (sei es telefonisch oder als Besucher).

Die Untersuchungshaft ist wohl die invasivste Maßnahme, die die Strafverfolgungsbehörden und die Justiz über eine Person verhängen können und vermag sich die Verhängung der Untersuchungshaft bisweilen dramatisch auf das Leben der betroffenen Person und deren nahe Angehörige auszuwirken. Nicht selten erlebe ich, dass mich Familienmitglieder völlig aufgelöst und verzweifelt kontaktieren, da einer ihrer Liebsten in Untersuchungshaft geraten ist. 

Aus diesem Grund ist es sehr wichtig einen erfahrenen Strafverteidiger an der Seite zu wissen, um in dieser heiklen und sensiblen Situation Fehler zu vermeiden und hoffentlich die betroffene Person alsbald wieder aus der Haft rauszubekommen. 

Wann wird die Untersuchungshaft verhängt?

 Die Untersuchungshaft darf nur unter bestimmten Voraussetzungen verhängt werden, die seitens der Strafverfolgungsorgane und der Justiz sehr streng einzuhalten sind. 

 Die Verhängung und die Fortsetzung der Untersuchungshaft darf nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgen und ist nur dann zulässig, wenn der Beschuldigte einer 

  • bestimmten Straftat dringend verdächtig,
  • vom Gericht zur Sache und zu den Voraussetzungen der Untersuchungshaft vernommen worden ist und
  • einer der Haftgründe vorliegt. 

Sie darf nicht angeordnet oder fortgesetzt werden, wenn sie zur Bedeutung der Sache oder zu der zu erwartenden Strafe außer Verhältnis steht oder ihr Zweck durch die Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden kann.

Was sind die Haftgründe?

 Ein Haftgrund liegt dann vor, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Beschuldigte werde auf freiem Fuß

  • wegen Art und Ausmaß der ihm voraussichtlich bevorstehenden Strafe oder aus anderen Gründen flüchten oder sich verborgen halten, (“Fluchtgefahr”)

Fluchtgefahr ist jedenfalls nicht anzunehmen, wenn der Beschuldigte einer Straftat verdächtig ist, die nicht strenger als mit fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, er sich in geordneten Lebensverhältnissen befindet und einen festen Wohnsitz im Inland hat, es sei denn, er habe bereits Vorbereitungen zur Flucht getroffen.

  • Zeugen Sachverständige oder Mitbeschuldigte beeinflussen, Spuren der Tat beseitigen oder sonst die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren versuchen (“Verdunkelungsgefahr”)
  • neuerlich eine strafbare Tat begehen und (“Tatbegehungsgefahr”) und zwar,
  • eine strafbare Handlung mit schweren Folgen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete Straftat;
  • eine strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete strafbare Handlung, wenn der Täter entweder bereits einmal wegen einer solchen Tat verurteilt worden ist oder wenn ihm nunmehr wiederholte oder fortgesetzte Handlungen angelastet werden;
  • eine strafbare Handlung mit einer Strafdrohung von mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe, die ebenso wie die ihm angelastete strafbare Handlung gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die Straftaten, derentwegen er bereits zweimal verurteilt worden ist;

Erfahrungsgemäß bedarf es für die Annahme der Tatbegehungsgefahr nicht sehr viel. Bei Beurteilung der Tatbegehungsgefahr ist jedoch insbesondere zu gewichten, wenn vom Beschuldigten eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen oder die Gefahr der Begehung von Verbrechen in einer kriminellen Organisation oder terroristischen Vereinigung ausgeht.

Im Übrigen ist bei Beurteilung dieses Haftgrundes zu berücksichtigen, inwieweit sich die Gefahr dadurch vermindert hat, dass sich die Verhältnisse, unter denen die dem Beschuldigten angelastete Tat begangen worden ist, geändert haben.

Das bedeutet, dass die Tatbegehungsgefahr dann angenommen wird, wenn der dringende Verdacht vorliegt, dass der Täter eine äußerst schwere Tat begangen hat. Darunter fallen häufig die Begehung eines Raubes, insbesondere eines schweren Raubes, aber auch massive Verbrechen nach dem SMG, wie etwa Suchtgifthandel nach § 28a SMG. Sexualdelikte wie etwa Vergewaltigung oder schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen führen nicht selten ebenfalls zur Verhängung der Untersuchungshaft. 

Bei minderschweren Vergehen und Verbrechen, hängt die Annahme der Tatbegehungsgefahr sehr stark von einer allfälligen Vorstrafenbelastung und der Frage ab, ob der Täter mehrere Taten gesetzt hat. 

  • wenn zu befürchten ist, dass der Täter die ihm angelastete versuchte oder angedrohte Tat (§ 74 Abs. 1 Z 5 StGB) ausführen wird (“Tatausführungsgefahr”). 

Wenn es sich um ein Verbrechen handelt, bei dem nach dem Gesetz auf mindestens eine zehnjährige Freiheitsstrafe zu erkennen ist, muss die Untersuchungshaft verhängt werden, es sei denn, dass auf Grund bestimmter Tatsachen angenommen werden kann, das Vorliegen  Haftgründe sei auszuschließen. 

Die Rede ist hierbei von der sogenannten obligatorischen Untersuchungshaft, die regelmäßig beim Verdacht des Mordes oder des versuchten Mordes verhängt wird. In einem solchen Fall liegt es am Beschuldigten glaubwürdig darzulegen, dass keiner der Haftgründe vorliegt. Solange ihm das nicht gelingt, verbleibt er in Untersuchungshaft. 

Wie wird die Untersuchungshaft verhängt?

 Nachdem der Beschuldigte festgenommen wurde (siehe Festnahme), wird seitens der Staatsanwaltschaft erwogen, ob sie eine Anordnung auf Verhängung der Untersuchungshaft erlässt oder nicht. Kommt sie zum Ergebnis, dass die Anzeige nicht auf freiem Fuß erstattet wird, sondern eben die Untersuchungshaft erforderlich sei, so erlässt sie die Anordnung, woraufhin der Festgenommene in die Justizanstalt (in Wien – Josefstadt) verbracht wird. Dieser Schritt hat binnen 48 Stunden zu erfolgen – wenn die Staatsanwaltschaft bis dahin keine Anordnung erlassen hat, so ist der Festgenommene wieder freizulassen. 

In der Justizanstalt ist der Beschuldigte binnen 48 Stunden einem Haft- und Rechtsschutzrichter vorzuführen, der dann entscheidet, ob über den Beschuldigten die Untersuchungshaft verhängt wird oder nicht, nachdem er diesen einvernommen hat und ihm die Vorwürfe und die Gründe für eine allfällige Verhängung der Untersuchungshaft erläutert wurden.

Hier kann der Beschuldigte nun den Haft- und Rechtsschutzrichter davon überzeugen, dass es keinen Grund für die Untersuchungshaft gibt – ist der Richter jedoch anderer Meinung, dann wird die Untersuchungshaft mit Beschluss zunächst für die Dauer von zwei Wochen verhängt. 

Binnen dieser zwei Wochen ist eine Haftverhandlung anzuberaumen, bei der nun entschieden wird, ob die Untersuchungshaft verlängert wird oder nicht. Bei dieser Haftverhandlung ist ein Verteidiger anwesend (dieser wird allenfalls auch im Wege der Verfahrenshilfe bereitgestellt), sowie ein Vertreter der Staatsanwaltschaft. Hier hat nun der Beschuldigte neuerlich die Möglichkeit gemeinsam mit seinem Verteidiger den Richter davon zu überzeugen, dass kein Haftgrund vorliegt. Falls der Richter jedoch nicht überzeugt werden kann, so wird die Untersuchungshaft für die Dauer von einem Monat verlängert. 

Bei der nächsten Haftverhandlung, die innerhalb eines Monats stattzufinden hat, wird dann darüber entschieden, ob die Untersuchungshaft für die Dauer von zwei Monaten verlängert wird.

Ab dem Zeitpunkt, ab dem der Strafantrag oder die Anklageschrift seitens der Staatsanwaltschaft bei Gericht eingebracht wurde, finden keine Haftverhandlungen mehr statt und verbleibt der nunmehr Angeklagte bis zur Hauptverhandlung in Untersuchungshaft.

Was kann man tun, um aus der Untersuchungshaft rauszukommen?

Enthaftungsantrag

Grundsätzlich steht des dem Beschuldigten zu jedem Zeitpunkt frei einen sogenannten Enthaftungsantrag zu stellen – dann ist innerhalb angemessener Frist eine Haftverhandlung anzuberaumen. Wenn dieser Enthaftungsantrag nach Einbringung des Strafantrags oder der Anklage gestellt wird, so entscheidet nicht mehr der Haft- und Rechtsschutzrichter über den Enthaftungsantrag, sondern der Richter, der in der Hauptverhandlung zuständig ist. 

Der Enthaftungsantrag macht jedoch nur dann einen Sinn, wenn der Betroffene überzeugende Beweismittel vorbringen kann, um einen der Haftgründe zu entkräften (die ja seitens des Gerichts angenommen wurden). Falls der Richter nicht überzeugt werden kann, so wird die Untersuchungshaft dann mit der ablehnenden Entscheidung, um die jeweilige Frist verlängert. 

Haftbeschwerde

Der Beschuldigte kann auch gegen den Beschluss auf Verhängung und den Beschluss auf Fortsetzung der Untersuchungshaft eine Beschwerde erheben. Der Beschuldigte wird (in Gegenwart seines Verteidigers) gefragt, ob er auf Rechtsmittel gegen den Beschluss verzichten möchte. Bei dieser Gelegenheit kann er entweder sofort eine Beschwerde gegen den Beschluss anmelden oder aber um drei Tage Bedenkzeit bitten. 

Bei Einbringung einer Haftbeschwerde wird der gesamte Akt dem Oberlandesgericht vorgelegt und dieser entscheidet dann, ob der Beschwerde stattgegeben wird oder nicht. Im Falle, dass der Beschwerde stattgegeben wird, so ist der Beschuldigte unverzüglich zu enthaften. Falls die Entscheidung negativ ausfällt, wird die Haftfrist automatisch verlängert. 

Gefahr eines Präjudizes

Die Einbringung einer Haftbeschwerde sollte gut überlegt sein, da die Vorlage an das Oberlandesgericht die Gefahr birgt, dass das Oberlandesgericht ein Präjudiz zum dringenden Tatverdacht fällt. Wenn es dann zu einer Hauptverhandlung kommt, ist es nicht immer einfach die vom Oberlandesgericht getroffenen Annahmen zu entkräften. Aus diesem Grund sollten die Erfolgschancen mit einem Verteidiger sorgfältig abgewogen werden, um keinen strategischen Verfahrensnachteil zu erleiden. 

Der Staatsanwaltschaft steht es ebenfalls zu gegen einen Entschluss auf Enthaftung des Beschuldigten eine Haftbeschwerde zu erheben – diese hat jedoch keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass der Beschuldigte nicht so lange in Haft verbleiben muss, solange die Haftbeschwerde der Staatsanwaltschaft vom OLG noch nicht erledigt wurde.

Grundrechtsbeschwerde

Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts steht es dem Beschuldigten frei eine Grundrechtsbeschwerde an den OGH zu erheben. Dieser prüft, ob in das Grundrecht auf Freiheit durch die Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft eingegriffen wurde. Vor dem OGH dürfen keine Beweise oder Beweismittel vorgebracht werden, sondern geht es ausschließlich um die rechtliche Überprüfung der Entscheidungen der Gerichte unterer Ordnung.

Gelindere Mittel 

Die Haft kann gegen gelindere Mittel substituiert werden. Bei der Haftverhandlung stellt der Verteidiger den Antrag auf Enthaftung unter Anwendung gelinderer Mittel. 

Als gelindere Mittel sind zu erachten 

  • das Gelöbnis bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens weder zu fliehen noch sich verborgen zu halten noch sich ohne Genehmigung der Staatsanwaltschaft von seinem Aufenthaltsort zu entfernen
  • das Gelöbnis keinen Versuch zu unternehmen, die Ermittlungen zu erschweren
  • in Fällen von Gewalt das Gelöbnis, jeden Kontakt mit dem Opfer zu unterlassen, und die Weisung, eine bestimmte Wohnung und deren unmittelbare Umgebung nicht zu betreten oder ein bereits erteiltes Betretungsverbot oder eine einstweilige Verfügung nicht zu übertreten, samt Abnahme aller Schlüssel der betroffenen Wohnung;
  • die Weisung, jeden Wechsel des Aufenthaltes bekanntzugeben oder sich in bestimmten Zeitabständen bei der Kriminalpolizei oder einer anderen Stelle zu melden,
  • die vorübergehende Abnahme von Identitäts-, Kraftfahrzeugs- oder sonstigen Berechtigungsdokumenten
  • vorläufige Bewährungshilfe
  • die Leistung einer Sicherheit nach §§ 180 und 181
  • mit Zustimmung des Beschuldigten die Weisung sich einer medizinischen Behandlung, einer Entwöhnungstherapie oder einer Psychotherapie zu unterziehen. 

In der Praxis werden die Weisungen in der Regel kombiniert erteilt und spielt vor allem das Gelöbnis, die Weisung sich einer gesundheitsbezogenen Maßnahme zu unterziehen und auch sich von Personen fernzuhalten eine große Rolle. 

In diesen Fällen kann der Beschuldigte eben unter Anwendung gelinderer Mittel enthaftet werden. Wenn sich der Beschuldigte nicht an die Weisungen hält, so kann er wieder verhaftet werden. 

In der Praxis:

Die Untersuchungshaft ist eine massive Belastung für alle Beteiligten. Obwohl der Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt noch nicht verurteilt ist, kann die Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft dramatische Auswirkungen auf das Leben des Betroffenen haben – er verliert etwa seine Wohnung oder seine Arbeit (nicht selten auch beides). 

Es ist daher auf jeden Fall ratsam, sich an einen erfahrenen Strafverteidiger zu wenden, um für diese schwierige Situation optimal gewappnet zu sein. 

Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung in der Strafverteidigung habe ich bereits in zahlreichen Fällen vertreten, in denen der Beschuldigte in Untersuchungshaft genommen wurde (oder beabsichtigt war ihn in Untersuchungshaft verbringen zu lassen). 

Es freut mich, Ihnen mit all meiner Erfahrung und meinem Einsatz in solch heiklen Situationen beistehen zu dürfen.  

Ihr Mag. Zaid Rauf: Ihr Anwalt für Strafrecht in Wien:

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