Vorstrafen in Österreich – Ihr Strafverteidiger Mag. Zaid Rauf

Sie finden hier einige Informationen zum Thema “Vorstrafen” im österreichischen Rechtssystem, damit Sie sich einen ersten Überblick verschaffen können. Wenn Sie eine eingehende Rechtsberatung wünschen oder aber bereits eine Vorstrafe erlitten haben, dann können Sie mich gerne anrufen oder mir eine Email schreiben und ich freue mich als Rechtsanwalt für Strafrecht mit Ihnen einen Termin für ein erstes Gespräch zu vereinbaren.

Was ist eine Vorstrafe – Wann bekommt man eine Vorstafe in Österreich?

Eine Vorstrafe erfolgt aufgrund einer Verurteilung wegen einer Straftat. Vorstrafen können aus einer Vielzahl von Gründen relevant sein, z.B. für die Strafzumessung, für die Bewährung und vor allem für das Leumundszeugnis (siehe im Allgemeinen dazu – Leumundzeugnis).

Was sind die Folgen einer Vorstrafe in Österreich?

Eine Vorstrafe kann verheerende Auswirkungen auf zukünftige Strafverfahren haben. Je nach Art des Delikts, wegen dem man verurteilt wurde und je nach Höhe der Strafe kann die Vorstrafe zu einer (spürbaren) Erhöhung des Strafrahmens führen. 

Das Strafrecht unterscheidet hier zwischen einschlägigen und nicht einschlägigen Vorstrafen. Einschlägige Vorstrafen bestehen dann, wenn man bereits aufgrund einer gleichartigen Straftat verurteilt wurde (und nun aufgrund einer gleichartigen Straftat vor Gericht steht). Eine nicht einschlägige Vorstrafe ist eine Verurteilung aufgrund einer anderen Deliktsgruppe, die nicht die gleiche schädliche Neigung zum Gegenstand hat (etwa nicht einschlägig zueinander sind Leib und Leben und Vermögensdelikte). 

Bereits bestehende einschlägige Vorverurteilungen wirken sich äußerst negativ auf den Angeklagten aus und sind geeignet, die Strafe empfindlicher ausfallen zu lassen.

In manchen Fällen können sogar (mehrere) Vorstrafen dazu führen, dass der gesamte Strafrahmen erhöht wird. Dies ist dann der Fall, wenn der sogenannte strafschärfende Rückfall gem. § 39 StGB zur Anwendung gelangt.  

  • 39 Abs 1 StGB normiert:

Ist der Täter schon zweimal wegen Taten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden und hat er diese Strafen wenigstens zum Teil, wenn auch nur durch Anrechnung einer Vorhaft oder der mit dem Vollzug einer vorbeugenden Maßnahme verbundenen Freiheitsentziehung, verbüßt, so erhöht sich, wenn er nach Vollendung des neunzehnten Lebensjahres neuerlich aus der gleichen schädlichen Neigung eine strafbare Handlung begeht, das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe um die Hälfte. Doch darf die zeitliche Freiheitsstrafe die Dauer von zwanzig Jahren nicht überschreiten.

Wenn der Täter etwa aufgrund von schwerem Betrug (§ 147 Abs 3 StGB) angeklagt wird und bereits zweimal wegen Vermögensdelikten verurteilt wurde und die Strafen auch nur teilweise in der Justizanstalt verbüßt hat, dann erhöht sich der Strafrahmen von 1 – 10 Jahren auf 1 – 15 Jahren. 

In der Praxis hat die Anwendung des § 39 StGB bedeutende Auswirkungen auf den Ausgang eines Strafverfahrens und bedarf jedenfalls eines erfahrenen Strafverteidigers, um mit einer solchen Erschwernis geeignet umzugehen. 

Bedingte Strafnachsicht

Vorstrafen führen in der Regel aber auch dazu, dass die Rechtswohltat einer bedingten Strafnachsicht nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang zur Anwendung gelangt. Das bedeutet, dass eine oder mehrere Vorstrafen dazu führen, dass die Strafe nicht mehr unter Setzung einer Probezeit (Bewährung) nachgesehen wird, sondern ein Teil oder die gesamte Freiheitsstrafe unbedingt verbüßt werden muss.

Vorstrafen wirken sich auch auf die bedingte Entlassung einer bereits angetretenen Freiheitsstrafe aus – insbesondere dann, wenn bereits erlittene Vorstrafen ebenfalls unbedingt verbüßt wurden. Die Überlegung dahinter ist, dass einem Täter nicht noch einmal die Rechtswohltat der bedingten Haftentlassung gewährt wird, da er diese “Chance” nicht genutzt hat und neuerlich straffällig wurde.

Vorstrafen und Untersuchungshaft 

Ein weiterer bedeutender Aspekt, der unmittelbar mit Vorstrafen in Zusammenhang steht, ist die Verhängung der Untersuchungshaft. Die Wahrscheinlichkeit, dass über einen Täter die Untersuchungshaft verhängt (oder auch verlängert) wird, hängt in beträchtlichem Maße auch von der Vorstrafenbelastung ab. 

Die Frage der Tatbegehungsgefahr steht in manchen Fällen unmittelbar in Zusammenhang mit der Anzahl und der Beschaffenheit der Vorstrafen. Vorstrafen stellen einen Grund für die Annahme der Tatbegehungsgefahr dar. 

Welche Auswirkungen hat eine Vorstrafe für den Aufenthalt von Fremden?

Eine Vorstrafe kann auch dazu führen, dass Aufenthaltstitel nicht verlängert werden bzw. dass ein bereits bestehender Aufenthaltstitel “herabgestuft” wird – etwa von einem Daueraufenthalt EU auf “Rot Weiß Rot Karte Plus”. 

Österreichische Staatsbürgerschaft trotz Vorstrafe?

Eine Vorstrafe schließt auch die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft aus. Sogar eine Diversion ist bereits hinderlich für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft (siehe dazu Artikel zum Thema Diversion).

Welche Auswirkungen hat eine Vorstrafe auf zukünftige Bewerbungen?

Ein Eintrag im Strafregister ist nicht dasselbe wie ein Eintrag im Leumundszeugnis (Strafregisterauskunft). Dem zukünftigen Arbeitgeber ist auf Verlangen lediglich ein Leumundszeugnis vorzulegen. 

Bei einem Leumundszeugnis scheinen bestimmte geringfügige Verurteilungen nicht auf. 

Unter Anwendung des Jugendstrafrechts werden nur Freiheitsstrafen ab einer Dauer von 6 Monaten im Strafregisterauszug vermerkt.

Vorstrafe Österreich Verjährung – Vorstrafe Tilgung?

In Österreich unterliegen alle Vorstrafen dem Tilgungsgesetz (TilgungsG). Dieses regelt unter welchen Voraussetzungen Vorstrafen aus dem Strafregister und aus dem Strafregisterauszug wieder gelöscht werden (siehe dazu Artikel – Link). Für Mord und Sexualstraftaten gelten andere Maßgaben, als für andere Delikte

Wann wird eine Vorstrafe gelöscht?

Es besteht auch die Möglichkeit, ein Gnadengesuch an den Bundespräsidenten zu richten. Dabei kann der Gnadengesuchswerber zum Einen die Tilgung einer oder mehrerer Vorstrafen begehren oder aber um eine beschränkte Strafregisterauskunft im Leumundszeugnis ersuchen. 

Im Falle, dass dem Gnadengesuch auf eine beschränkte Strafregisterauskunft im Leumundszeugnis entsprochen wird, so scheinen eine oder mehrere Vorstrafen im Leumundszeugnis nicht (mehr) auf. 

Gegen eine negative Entscheidung besteht kein Recht auf Beschwerde oder Einspruch. 

Diversion Vorstrafe 

Zu unterscheiden von einer Vorstrafe ist eine Diversion. Eine Diversion ist keine Verurteilung sondern eine rechtsstaatliche Reaktion auf ein Fehlverhalten, das nicht die Qualität oder Erheblichkeit einer Verurteilung aufweist, und deshalb auch nicht im Strafregister aufscheint (siehe dazu Link – Diversion).

Studieren mit Vorstrafe in Österreich

Es ist grundsätzlich möglich, in Österreich auch mit Vorstrafen zu studieren. Bestimmte Studienrichtungen führen zu späteren Berufen, bei denen allenfalls eine Vorstrafe eine Rolle spielen könnte (etwa Rechtsanwalt – nur unter bestimmten Voraussetzungen wird man Anwalt mit Vorstrafe). 

Vorstrafe Arbeitgeber mitteilen – Kündigung wegen Vorstrafe

Grundsätzlich hält dazu der Oberste Gerichtshof fest (Ris – Justiz, RS0085073):

Vorstrafen wegen früher begangener strafbarer Handlungen bilden in der Regel keinen, den beispielsweise in § 27 AngG aufgezählten Entlassungsgründen gleichwertigen „wichtigen Grund“, auch wenn sie dem Arbeitgeber erst während des Arbeitsverhältnisses bekannt werden. Grundsätzlich ist der Dienstnehmer auch nicht verpflichtet, erlittene Vorstrafen bei Begründung des Dienstverhältnisses von sich aus bekanntzugeben.

Waffenbesitzkarte trotz Vorstrafe

Es führt nicht jede Vorstrafe zu einer Versagung einer Waffenbesitzkarte. Im § 8 Abs. 3 Z1 bis Z4 und Abs. 5 des WaffG führen sind jene Tatbestände aufgelistet, die den Erwerb einer Waffenbesitzkarte ausschließen.

Gewerbe anmelden trotz Vorstrafe

Vorstrafen wegen betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers, Sozialbetrugs bei Beiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, organisierter Schwarzarbeit oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen. führen zu einem Ausschluss von einer Gewerbeberechtigung. Ebenso schließen den Erwerb einer Gewerbeberechtigung nicht getilgte Vorstrafen wegen einer sonstigen strafbaren Handlung mit Verurteilung zu einer – wenn auch bedingten – Freiheitsstrafe von über 3 Monaten oder einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen aus.  

Gleiches gilt für die Bestrafung durch die Finanzbehörde wegen bestimmter Finanzvergehen (Schmuggel, Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben, Abgabenhehlerei, Hinterziehung von Monopoleinnahmen, vorsätzlichem Eingriff in ein staatliches Monopolrecht oder Monopolhehlerei) mit einer Geldstrafe von mehr als 726 EUR oder mit Geld- und Freiheitsstrafe, sofern seit der Bestrafung noch nicht 5 Jahre vergangen sind.

In der Praxis:

Der richtige Umgang mit den Vorstrafen eines Mandanten stellt eine der größten Herausforderungen im Strafprozess dar. Diese lassen nicht nur einen bestimmten Eindruck des Angeklagten bereits vor der Verhandlung entstehen, sondern wirken sich diese auch sehr stark auf das Verfahrensergebnis aus. 

Aus diesem Grund ist es auf jeden Fall ratsam, sich an einen erfahrenen Strafverteidiger zu wenden, wenn Sie bereits eine oder mehrere Vorstrafen erlitten haben und nun wieder mit neuen strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert werden.