Widerstand gegen die Staatsgewalt Österreich – Ihr Strafverteidiger Mag. Zaid Rauf

Sie finden hier einige Informationen zum Tatbestand des Widerstands gegen die Staatsgewalt gem. § 269 StGB in Österreich, damit Sie sich einen ersten Überblick verschaffen können. Wenn Sie eine eingehende Rechtsberatung wünschen oder aber eine Vorladung zur Vernehmung bei der Polizei zum Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt erhalten haben, dann können Sie mich gerne anrufen oder mir eine Email schreiben und ich freue mich mit Ihnen einen Termin für ein erstes Gespräch zu vereinbaren.

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Tel: 06766017746

Was bedeutet Widerstand gegen die Staatsgewalt gem. § 269 StGB?

Unter Widerstand gegen die Staatsgewalt versteht das österreichische Strafgesetzbuch, wenn eine Person eine Behörde oder einen Beamten an einer Amtshandlung hindert. Dabei wendet der Täter Gewalt an oder droht gefährlich, um sein Ziel zu erreichen. 

Widerstand gegen die Staatsgewalt – Strafe

Der Grundtatbestand ist mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Wer jedoch als Tatmittel eine schwere Nötigung anwendet, um sein Ziel zu erreichen, dem droht eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. 

Widerstand gegen die Staatsgewalt – Beispiele

Ein klassisches Beispiel für die Begehung eines Widerstands gegen die Staatsgewalt gem. § 269 StGB ist der Täter der sich bei der Festnahme mit Füßen und Händen dagegen wehrt. Ein Widerstand gegen die Staatsgewalt kann auch darin erblickt werden, dass jemand beim Anlegen der Handfesseln sich versucht energisch zu befreien und dabei mit Gewalt gegen die Beamten vorgeht. Dabei spielt es keine Rolle, dass man sich gegen die “Zwangsgewalt” wehrt.

Erfahrungsgemäß wird diese Tat unter Alkoholeinfluss begangen. Nicht selten ist die Frage dann aufzuwerfen, ob der Täter die Tat nicht im Zustand voller Berauschung begangen hat. Eine solche Begehungsweise (§ 287 Abs 1 StGB) hat zwar denselben Strafrahmen wie die Tat nach § 269 StGB (bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe) – doch fällt in der Regel die Strafe innerhalb dieses Strafrahmens milder aus.

Was ist eine Amtshandlung iSd § 269 StGB

Bei einer Amtshandlung im Sinne des § 269 StGB tritt der Beamte als Organ der Hoheitsverwaltung oder der Gerichtsbarkeit auf und nimmt im Zuge seiner Amtsausübung Befehls- oder Zwangsgewalt vor. Das bedeutet, dass der Polizeibeamte, der sich in der Mittagspause etwas zu Essen kauft, keine Amtshandlung vornimmt. 

Unter Zwangsgewalt versteht man die Befugnis des Organs, eine Maßnahme im Rahmen der Hoheitsverwaltung oder der Gerichtsbarkeit auszuüben – etwa wenn der Beamte eine Person festnimmt oder eine Personendurchsuchung vornimmt. 

Dabei ist es notwendig, dass der Beamte in Ausübung seiner Funktion als Organ der Hoheitsverwaltung oder der Gerichtsbarkeit auch nach außen hin auftritt und dies der von der Maßnahme betroffenen Person auch erkennbar ist. Deshalb erfolgt im Rahmen einer Gerichtsverhandlung nach § 269 StGB stets die Frage, ob der Beamte sich als Polizist zu erkennen gegeben hat bzw. dies auch erkennbar war.

Unter Amtshandlungen iSd § 269 StGB fallen auch alle Beaufsichtungstätigkeiten der Justizwache (vgl. Ris – Justiz, RS0095716):

„Amtshandlung“ sind alle Dienstverrichtungen im Rahmen einer Beaufsichtungstätigkeit (zB Bewachung eines Häftlings; Beaufsichtigung von zwangsweise angehaltenen Heimzöglingen).

Was versteht man unter Gewalt iSd § 269 StGB

Unter Gewalt ist keine Körperverletzung zu verstehen und bedarf es auch keiner besonderen Erheblichkeit der Kraftanwendung. Es genügt, wenn die Krafteinwirkung geeignet ist, die Amtshandlung in irgendeiner Form zu behindern. 

Dazu auch der OGH (Ris – Justiz, RS0095708

„Gewalt“ erfordert keineswegs eine hiedurch bewirkte Verletzung, ja nicht einmal eine besonders qualifizierte Form körperlicher Kraftanwendung. Sie muß nur nach den Umständen des Falles geeignet sein durch ihren Einsatz die Durchführung der Amtshandlung ernstlich und in wirksamer Weise zu verhindern

Darunter fällt auch das “Umsichschlagen”, wenn es die Beamten von der Amtshandlung abhalten soll (Vgl. Ris Justiz, RS0095752):

Gewalt im Sinn des § 269 Abs 1 StGB wird auch durch (ungezieltes) Umsichschlagen geübt, wenn die Schläge entweder den Beamten treffen oder ihn von einer (weiteren) Annäherung abhalten. Von einem bloß passiven Widerstand, der zur Verwirklichung des Tatbestands nicht genügt, kann nämlich nur dann gesprochen werden, wenn sich der Täter darauf beschränkt, sich selbst zum Hindernis zu machen, indem er seiner Festnahme und Fortschaffung lediglich das Gewicht seines Körpers entgegensetzt und allein durch passives Verhalten zu erkennen gibt, daß er die an ihn gerichtete behördliche Aufforderung nicht zu befolgen gewillt ist.

Gefährliche Drohung 

Der Täter bedroht eine andere Person “gefährlich”, wenn er dieser Person ein Übel in Aussicht stellt, dass diese in Furcht und Unruhe versetzen soll. 

Unter “Furcht und Unruhe” versteht der oberste Gerichtshof folgendes (Ris-Justiz, RS0093200):

Unter Furcht und Unruhe im Sinne des § 107 Abs 1 StGB ist ein nachhaltiger, das ganze Gemüt ergreifender, peinvoller Seelenzustand des Opfers zu verstehen.

Wohl auch (Ris-Justiz, RS0093200, T2):

Furcht und Unruhe ist ein Gemütszustand, der über die psychische Belastung durch begründete Besorgnisse (§ 74 Z 5 StGB) hinaus durch eine tatbedingt nachhaltige Übervorstellung tiefgreifend beeinträchtigt ist.  

Dabei spielt es keine Rolle, ob die inkriminierten Äußerungen tatsächlich Besorgnis bei der Bedrohten Person ausgelöst haben (vgl. dazu die Entscheidung des obersten Gerichtshofs – 14 Os 92/08y).

Was bedeutet “hindern”?

Eine Amtshandlung ist bereits dann “gehindert”, wenn eine beträchtliche Verzögerung der Amtshandlung die Folge der Gewalt oder der Drohung ist (vgl. Ris Justiz, RS0095774):

„Gehindert“ an einer Amtshandlung im Sinn des als Erfolgsdelikt konstruierten § 269 StGB ist eine Behörde oder ein Beamter nicht erst, wenn deren erfolgreiche Beendigung durch den Widerstand des Täters schlechthin unmöglich wurde, sondern vielmehr schon dann, wenn sie hiedurch in ihrem Ablauf eine ins Gewicht fallende Unterbrechung erfuhr; dies gilt insbesondere auch für den Fall der Notwendigkeit, eine Amtshandlung bis zur Heranführung ausreichender Verstärkungen für längere Zeit abzubrechen.

Auch Ris – Justiz, RS0125170

Ziel des Angriffes ist die Unterlassung der Amtshandlung, gegen die sich der Widerstand richtet. Ist dies dem Täter zumindest teilweise gelungen, so ist der im § 269 Abs 1 StGB vorausgesetzte strafgesetzwidrige Erfolg eingetreten. Das Delikt ist mit dem Gelingen des Widerstandes vollendet, wobei es genügt, daß die Amtshandlung wegen des Widerstandes vorübergehend vorzeitig als mißlungen abgebrochen werden mußte, mag sich auch später fortgeführt werden.

Was bedeutet “Vorsatz”?

Der Täter muss es dabei ernsthaft für möglich halten und sich damit abfinden, dass er die genannten Handlungen begeht und auch, dass er die genannten Handlungen gegen einen Beamten vornimmt. Der Täter muss auch einen Vorsatz darauf haben, dass er die Handlungen vornimmt, damit die Amtshandlung verhindert oder  zumindest verzögert wird. Ob er die Amtshandlung für gerechtfertigt haltet oder nicht, spielt dabei keine Rolle. 

Vgl. dazu Ris – Justiz, RS008966:

Ein Irrtum des Täters über die materielle Richtigkeit der Amtshandlung ist unbeachtlich.

Versuchter Widerstand gegen die Staatsgewalt

Aber nicht nur die tatsächliche Behinderung einer Amtshandlung ist tatbestandsmäßig, sondern ist bereits der Versuch (der eben auch nicht gelingen muss) strafbar. Das bedeutet, dass eine Person, die sich erfolglos wehrt und dann doch festgenommen wird, sich ebenfalls nach § 269 StGB strafbar machen könnte. 

  • 269 Abs 2 StGB

Strafbar macht sich jedoch nicht nur, wer einen Beamten oder eine Behörde an einer Amtshandlung hindert, sondern auch derjenige, der einen Beamten oder eine Behörde zu einer Amtshandlung nötigt, indem er Gewalt anwendet oder gefährlich droht.

Straflosigkeit

Die Strafbarkeit entfällt gem. § 269 Abs 4 StGB, wenn die Behörde oder ein Beamter zur Amtshandlung ihrer Art nach nicht berechtigt sind. Das bedeutet, dass ein Beamter, der zu einer Amtshandlung an sich nicht befugt ist, gar nicht daran gehindert werden kann. 

Hingegen spielt es keine Rolle, ob der Täter der Ansicht ist, dass ein an sich zu einer Amtshandlung befugter Beamter die Maßnahme zu Unrecht an ihm vornimmt – diese Taten sind stets strafbar und bilden im Grunde den Standardfall für die Anwendung § 269 Abs 1 StGB, da in den meisten Fällen der “Beamtshandelte” sich wehrt, weil er der Ansicht ist, dass ihm die Beamten Unrecht antun. Die Tat bleibt in einem solchen Fall natürlich strafbar und wird auch geahndet. 

Widerstand gegen die Staatsgewalt in der Praxis:

Widerstand gegen die Staatsgewalt ist ein schwerwiegendes Vergehen, das nicht selten auch zu einer Festnahme oder gar zur Verhängung der Untersuchungshaft führt. Es wird in der Regel gemeinsam mit einer schweren Körperverletzung gem. § 84 Abs 2 StGB angezeigt, da üblicherweise auch eine (zumindest versuchte) Körperverletzung dabei an einem Beamten vorgenommen wird. Unmittelbar nach der Festnahme empfiehlt es sich, falls Sie nicht einen Rechtsanwalt an Ihrer Seite haben, von Ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch zu machen.

Bei einer Konfliktverteidigung (also bei einem nicht-geständigen Angeklagten) gestalten sich die Verhandlungen in der Regel derart, dass der Angeklagte entweder in Abrede stellt, dass er sich gewehrt hat, oder, dass die Polizeibeamten sich als solche zu erkennen gegeben haben (etwa bei Zivilpolizisten im Suchtmittelmileu). Das Beweisverfahren zielt dann darauf ab, ob den Angaben des Angeklagten oder den Angaben Polizeibeamten gefolgt werden kann. Eine solide Verteidigung beruht darauf, in einem solchen Fall Widersprüche in den Angaben der Polizeibeamten aufzuzeigen.

Sehr gerne vertrete ich Sie in einem Verfahren wegen § 269 StGB.