Sie finden hier einige Informationen zum Thema “Wiederaufnahme des Strafverfahrens” im österreichischen Rechtssystem, damit Sie sich einen ersten Überblick verschaffen können. Wenn Sie eine eingehende Rechtsberatung wünschen, dann können Sie mich gerne anrufen oder mir eine Email schreiben und ich freue mich als Rechtsanwalt für Strafrecht mit Ihnen einen Termin für ein erstes Gespräch zu vereinbaren.
Strafverteidiger Mag. Zaid Rauf: Ihr Anwalt für Strafrecht in Wien:
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Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet eine Wiederaufnahme im Strafverfahren in Österreich?
Was bedeutet eine Wiederaufnahme im Strafverfahren in Österreich?
Grundsätzlich sind die Strafverfahren mit Rechtskraft des Urteils beendet. Die Rechtskraft tritt ein, wenn alle Verfahrensbeteiligten auf ein Rechtsmittel (Berufungen oder Nichtigkeitsbeschwerden) verzichtet haben, oder aber ein Rechtsmittel erhoben und darüber bereits endgültig entschieden worden ist. Dann ist die Entscheidung “rechtskräftig” und die Rechtsfolge wird vollzogen.
Es gibt aber einige Ausnahmen von der Rechtskraft des Urteils. Im Strafrecht ist die Rede von der Wiederaufnahme des Verfahrens. Das Gesetz unterscheidet auch noch zwischen einer “ordentlichen” und “außerordentlichen” Wiederaufnahme, sowie einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (“Wahrungsbeschwerde”).
Allen genannten Rechtsbehelfen ist gemein, dass sie auf die Aufhebung der Rechtskraft abzielen und dass ihnen in der Praxis sehr selten stattgegeben wird. Der Gesetzgeber und die Justiz wollen dadurch gewährleisten, dass die bisweilen aufwendigen und langwierigen Verfahren auch mit einem persistierenden Ergebnis enden, um so die Rechtssicherheit zu gewährleisten.
Ordentliche Wiederaufnahme im Strafverfahren (§ 353 StPO)
Das Rechtsinstrument der ordentlichen Wiederaufnahme kann aus verschiedenen Gründen nach Rechtskraft des Urteils ergriffen werden. Hier wird nur die Wiederaufnahme zu Gunsten des Angeklagten thematisiert (der Staatsanwaltschaft steht auch eine Wiederaufnahme zu Lasten des Angeklagten zu).
Die ordentliche Wiederaufnahme zu Gunsten des Angeklagten ist an keine Frist gebunden und kann sogar bereits nach Verbüßung der Freiheitsstrafe ergriffen werden.
Dabei kann die Wiederaufnahme nur aus gesetzlich festgelegten (“taxativen”) Gründen erhoben werden und zwar, wenn die Verurteilung des Angeklagten durch
- Urkundenfälschung
- falsche Beweisaussage
- Bestechung
- eine sonstige Straftat einer dritten Person veranlasst wurde
oder aber, wenn der Angeklagte
- neue Tatsachen oder Beweismittel vorlegen kann,
die geeignet sind (allenfalls in Verbindung mit den bisherigen Beweisergebnissen) den Schuldspruch zu erschüttern bzw. geeignet sind ein milderes Strafgesetz (mit einer geringeren Strafdrohung) zur Anwendung gelangen zu lassen.
Neue Tatsachen und neue Beweismittel
In der Praxis erweist sich dieser Grund als der häufigste Grund für eine ordentliche Wiederaufnahme. Neue Tatsachen und Beweismittel sind Umstände, die beim Verfahren, das zur Verurteilung des Angeklagten geführt hat, dem Gericht nicht zur Kenntnis gelangt sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Angeklagte selbst Kenntnis von ihnen hatte oder nicht. Es spielt auch keine Rolle, ob sie zum damaligen Zeitpunkt bereits existiert haben oder nicht.
- Dazu hält der OGH fest (Ris - Justiz, RS0101229):
Tatsachen und Beweismittel sind dann „neu“, wenn sie im früheren Verfahren nicht zur Kenntnis des Gerichtes gelangt sind oder wenn sie dem Gericht erst später zugänglich geworden sind. Zeugen, deren Vernehmung im früheren Verfahren erfolglos angeboten wurde und die in der Folge im Zuge anderweitig geflogener Erhebungen vernommen worden sind, stellten ein neues Beweismittel dar. Die Wiederaufnahme auf Grund neuer Beweismittel ist auch dann gerechtfertigt, wenn diese neuen Beweismittel lediglich dazu dienen sollen, bereits früher behauptete (aber damals nicht beweisbar gewesene) Tatsachen nunmehr zu erhärten.
Erheblichkeitsschwelle
Nicht jedwede neue Tatsachen oder Beweismittel sind geeignet, die ordentliche Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu erwirken, sondern müssen diese dazu imstande sein den Schuldspruch zu “erschüttern”. Das bedeutet, dass die neu beigebrachten Beweismittel und Tatsachen eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschreiten müssen.
Wie sieht ein Wiederaufnahmeverfahren aus?
Der Antrag ist beim Gericht einzubringen, das auch in der Hauptverhandlung zuständig war (§ 357 Abs 1 StPO). Es entscheidet zunächst nichtöffentlich darüber, ob dem Antrag stattgegeben wird oder nicht. Wird dem Antrag stattgegeben, so wird das Urteil aufgehoben und in den Stand des Ermittlungsverfahren zurückversetzt. Das Gericht, das über den Wiederaufnahmeantrag die Entscheidung getroffen hat, kann aber auch – sofern es den Antrag bewilligt, selbst ein Urteil über die Sache fällen.
Wie hoch sind die Chancen, dass eine ordentliche Wiederaufnahme gelingt?
In der Praxis erweisen sich ordentliche Wiederaufnahmen als sehr anspruchsvoll, da die neuen Tatsachen und Beweismittel in Zusammenhalt mit dem gesamten bisherigen Verfahren zu beurteilen sind und dementsprechend muss auch der Antrag formuliert sein.
In der Regel werden Anträge auf ordentliche Wiederaufnahme selten stattgegeben, wenn es um die Beibringung neuer Tatsachen und neuer Beweismittel geht. Eine höhere Chance auf Erfolg haben Anträge aufgrund falscher Zeugenaussagen oder falscher Urkunden (insbesondere dann, wenn es zu einer Verurteilung aufgrund der Straftat gekommen ist).
Eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens stellt eine anspruchsvolle Herausforderung für jeden Anwalt dar. Aus diesem Grund ist es erforderlich, sich an einen erfahrenen Strafverteidiger zu wenden, der über hinreichende Erfahrung mit Schriftsätzen im Strafverfahren verfügt.
Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§ 23 StPO)
Eine sogenannte Wahrungsbeschwerde ist ebenfalls eine Möglichkeit, ein bereits rechtskräftiges Urteil anzufechten.
Eine Wahrungsbeschwerde kann ausschließlich aufgrund einer Gesetzesverletzung oder einer unrichtigen Anwendung des Gesetzes erhoben werden.
Bei einer Wahrungsbeschwerde ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese nicht vom Betroffenen selbst, sondern nur von der Generalprokuratur eingebracht werden kann. Selbstverständlich kann der Betroffene eine solche bei der Generalprokurator anregen und diese kann, im Falle, dass sie der Ansicht ist, dass das Gesetz verletzt oder unrichtig angewendet wurde, eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erheben.
Die Staatsanwaltschaft ist, wenn sie der Ansicht ist, dass die Voraussetzungen für eine Wahrungsbeschwerde vorliegen, angehalten, den Fall der Oberstaatsanwaltschaft vorzulegen (§ 23 Abs 3 StPO).
Hervorzuheben ist, dass eine Wahrungsbeschwerde nichts mit neuen Tatsachen oder Beweismitteln zu tun hat – bei einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes geht es ausschließlich um die Verletzung oder unrichtige Anwendung des Gesetzes.
Auch bei diesem Rechtsbehelf handelt es sich um einen anspruchsvollen Schriftsatz, der von einem erfahrenen Strafverteidiger verfasst und der Generalprokuratur vorgelegt werden sollte.
Die Generalprokuratur greift derartige Anregungen eher selten auf.
Sehr gerne können Sie mich kontaktieren, wenn Sie darüber erwägen, eine ordentliche Wiederaufnahme Ihres (bereits rechtskräftig beendeten) Strafverfahrens zu beantragen oder aber eine Wahrungsbeschwerde bei der Generalprokuratur anzuregen.
Häufige Fragen meiner Klienten und FAQs:
Die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens in Österreich bezieht sich auf das Verfahren, durch das ein rechtskräftiges Urteil angefochten und potenziell aufgehoben werden kann. Trotz der grundsätzlichen Endgültigkeit eines Urteils nach Rechtskraft, ermöglicht das österreichische Strafrecht unter bestimmten, streng geregelten Voraussetzungen eine Wiederaufnahme des Verfahrens.
Einen Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens zugunsten des Angeklagten können alle Personen stellen, die zu seinen Gunsten die Nichtigkeitsbeschwerde oder Berufung erheben können.
Im ”Verwaltungsstrafverfahren” darf ein eingestelltes Verfahren nur innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung ein Jahr ab der Tat wieder aufgenommen werden.
Ein Urteil wird als „rechtskräftig“ bezeichnet, wenn keine Rechtsmittel (wie Berufungen oder Nichtigkeitsbeschwerden) mehr eingelegt werden können oder wenn über eingelegte Rechtsmittel endgültig entschieden wurde. Ein rechtskräftiges Urteil ist vollstreckbar und markiert in der Regel den Abschluss des Verfahrens.
Im österreichischen Strafrecht wird zwischen „ordentlicher“ und „außerordentlicher“ Wiederaufnahme sowie der „Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes“ unterschieden. Alle zielen darauf ab, die Rechtskraft eines Urteils aufzuheben, kommen jedoch nur in seltenen Fällen zur Anwendung.
Die ordentliche Wiederaufnahme zu Gunsten des Angeklagten ermöglicht es, das Verfahren nach Rechtskraft des Urteils neu aufzurollen, wenn bestimmte, gesetzlich festgelegte Gründe vorliegen. Dazu zählen unter anderem Urkundenfälschung, falsche Beweisaussagen, Bestechung oder das Vorliegen neuer Tatsachen oder Beweismittel, die den Schuldspruch potenziell erschüttern könnten.
Neue Tatsachen oder Beweismittel sind Informationen oder Materialien, die dem Gericht im ursprünglichen Verfahren nicht bekannt waren oder die erst nachträglich zugänglich wurden. Sie müssen eine bestimmte Erheblichkeitsschwelle überschreiten, um eine Wiederaufnahme zu rechtfertigen, d.h., sie müssen in der Lage sein, den Schuldspruch ernsthaft in Frage zu stellen.
Ein Antrag auf Wiederaufnahme muss bei dem Gericht eingereicht werden, das auch in der Hauptverhandlung zuständig war. Das Gericht entscheidet zunächst in nichtöffentlicher Sitzung über den Antrag. Bei Zustimmung wird das Urteil aufgehoben und das Verfahren kann neu aufgerollt oder direkt ein neues Urteil gefällt werden.
Ordentliche Wiederaufnahmen sind in der Praxis anspruchsvoll und werden selten bewilligt. Erfolgsaussichten bestehen insbesondere bei Anträgen, die sich auf falsche Zeugenaussagen oder Urkunden stützen. Eine enge Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Strafverteidiger ist für die Formulierung eines aussichtsreichen Antrags unerlässlich.
Diese Art der Beschwerde kann nur von der Generalprokuratur eingelegt werden und zielt darauf ab, ein Urteil wegen Gesetzesverletzung oder unrichtiger Anwendung des Gesetzes anzufechten. Obwohl der Betroffene die Generalprokuratur anregen kann, eine solche Beschwerde zu erheben, ist es letztlich deren Entscheidung, ob dem Folge geleistet wird.
Sehr gerne können Sie mich kontaktieren, wenn Sie darüber erwägen, eine ordentliche Wiederaufnahme Ihres (bereits rechtskräftig beendeten) Strafverfahrens zu beantragen oder aber eine Wahrungsbeschwerde bei der Generalprokuratur anzuregen.
Strafverteidiger Mag. Zaid Rauf: Ihr Anwalt für Strafrecht in Wien:
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